Astronomische Gesellschaft gibt Preisträgerinnen und Preisträger 2022 bekannt
Für herausragende Leistungen in der Astronomie zeichnet die Astronomische Gesellschaft in diesem Jahr Hans-Thomas Janka mit der Karl-Schwarzschild-Medaille, Thomas Siegert mit dem Ludwig-Biermann-Förderpreis, Tommaso Grassi und Stefano Bovino mit dem Preis für Astrophysikalische Software, Arshia Maria Jacob mit dem Promotionspreis und Manuel Vogel mit dem Hans-Ludwig-Neumann-Preis 2022 aus. Vanessa Guthier erhielt den Sonderpreis im Bundeswettbewerb Jugend forscht.
Die renommierteste Auszeichnung in Deutschland auf dem Gebiet der Astronomie und Astrophysik, die Karl-Schwarzschild-Medaille, wird an Prof. Dr. Hans-Thomas Janka vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching verliehen. Die Medaille würdigt seine Forschungen zum Kernkollaps-Supernova-Mechanismus, zur explosiven Nukleosynthese und zur Supernova-Neutrino-Physik. Thomas Janka hat das theoretische Verständnis von Supernovaexplosionen durch die Entwicklung hydrodynamischer Neutrinostrahlungscodes für die Simulation dieser komplexen astrophysikalischen Phänomene erheblich vorangetrieben. Er hat im letzten Jahrzehnt wegweisende Beiträge zur Modellierung von Kernkollaps-Supernovae geleistet. Seine herausragenden, bahnbrechenden numerischen und theoretischen Arbeiten haben überzeugend gezeigt, dass der Neutrino-getriebene Explosionsmechanismus zu erfolgreichen Kernkollaps-Supernova-Explosionen in Übereinstimmung mit den Beobachtungen führen kann. Darüber hinaus hat er sehr wichtige Beiträge auf dem Gebiet der numerischen Modelle von Neutronensternverschmelzungen und Gammastrahlenausbrüchen geleistet. Janka ist außerordentlicher Professor an der Technischen Universität München und seit 1986 Mitglied der Astronomischen Gesellschaft.
Dr. Thomas Siegert wird mit dem Ludwig-Biermann-Preis 2022 geehrt. Seine Expertise liegt in der nuklearen Astrophysik. Er hat Supernovae, Novae und Mikroquasare sowie ihre Auswirkungen auf das interstellare Medium der Galaxie untersucht. Seine Ergebnisse tragen zum Verständnis der Physik thermonuklearer Explosionen bei. Er konnte zeigen, dass Mikroquasare in beträchtlichen Mengen Antimaterie in Form von Positronen erzeugen, welche sich in der Galaxie verteilen und zusammen mit Elektronen Vernichtungsstrahlung erzeugen. Durch Messungen dieser Gammastrahlen in der Milchstraße stellte er die Verbindung mit Modellen Dunkler Materie her und schränkte diese durch Beobachtungen von Zwerggalaxien weiter ein. Thomas Siegert ist in der nuklearen Astrophysik international anerkannt, wirkte an zahlreichen Publikationen mit und ist Experte für die Datenauswertung des INTEGRAL/SPI Instruments der ESA. Thomas Siegert promovierte im Jahr 2017 an der Technischen Universität München. Er kehrte im Jahr 2021 zurück nach Deutschland, nachdem er in San Diego durch ein DFG Forschungsstipendium am COSI Instrument der NASA arbeitete. Seit August 2022 leitet er an der Universität Würzburg seine eigene Arbeitsgruppe.
Dr. Tommaso Grassi vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching und Dr. Stefano Bovino vom Department of Astronomy, Universidad de Concepción, Chile, erhalten gemeinsam den Preis für Astrophysikalische Software für das von ihnen entwickelte Astrochemiepaket KROME. KROME ist ein Open-Source-Code, der entwickelt wurde, um chemische und thermische Prozesse in numerische hydrodynamische Simulationen einzubeziehen und die thermische Entwicklung von Gasen korrekt zu beschreiben. Er ist ein wichtiges Instrument, um u. a. Sternentstehungsgebiete, die Entwicklung von Galaxien, die Bildung von Schwarzen Löchern und komplexe chemische Prozesse zu untersuchen, sowie um Simulationen mit Beobachtungsdaten von Atom- oder Moleküllinien zu vergleichen. KROME kann jedes chemische Netzwerk modellieren, zu dem die Reaktionsraten bekannt sind und enthält Module zur Einbindung von Staubphysik. Die Entwicklung von KROME hat die Möglichkeiten zur Modellierung der Thermochemie in astrophysikalischen Simulationen deutlich erweitert und zu erheblichen Fortschritten in der astrophysikalischen Erkenntnis sowie zur Ausbildung von Studierenden und Postdocs im Bereich der Astrochemie beigetragen.
Die AG verleiht den Promotionspreis 2022 an Dr. Arshia Maria Jacob. Nach dem Studium an der Universität Bonn fertigte Arshia Jacob die Forschung zu ihrer Dissertation am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) an und schloss diese im Jahr 2021 mit summa cum laude ab. Seitdem forscht sie als Postdoktorandin an der Johns Hopkins University in Baltimore. In ihrer Dissertation behandelte Arshia Jacob grundlegende, seit langem bekannte, aber bisher noch weitgehend offene Fragen zur Physik und Chemie des interstellaren Mediums. Dazu sammelte sie Daten von verschiedenen Molekülen und kombinierte Ergebnisse aus dem Terahertz-Bereich mit langwelligen Radiodaten. Mit innovativen Analysemethoden und Modellrechnungen hat ihre Forschung dazu beigetragen, Fragen im Zusammenhang mit der chemischen Entwicklung der Milchstraße und der galaktischen Verteilung der Ionisierungsrate der kosmischen Strahlung zu beantworten, indem sie die diagnostischen Eigenschaften einfacher Moleküle untersuchte. Für ihre herausragenden Forschungsergebnisse wurde sie auch mit der Otto-Hahn-Medaille und dem Otto-Hahn-Award der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet.
Der Hans-Ludwig-Neumann-Preis 2022 geht an Manuel Vogel. Er ist Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften am Gymnasium Spaichingen, pädagogischer Leiter im Vorstand des Schülerforschungszentrums Südwürttemberg und betreut als Standortleiter in Tuttlingen Kurse und Projekte für SchülerInnen im Bereich Astronomie. Manuel Vogel schreibt für die astronomiedidaktische Zeitschrift Astronomie+Raumfahrt, ist Mitglied eines Autorenteams für die Klett MINT / Baden-Württemberg Stiftung, übernimmt regelmäßig die Leitung von Fortbildungen zum Thema „Forschen und erfinden“. Aus diesen Tätigkeiten resultiert auch seine Betreuertätigkeit für Schülerinnen und Schüler, die Jugend forscht-Preise gewonnen haben. Zuletzt betreute er den Landessieger Baden-Württemberg. Manuel Vogel gehörte als Deutscher SOFIA Botschafter für die Schulen zum Lehrer-Team des Flugzeug-Observatoriums SOFIA und berichtete in Astronomie+Raumfahrt darüber.
Vanessa Guthier von der Landesschule Pforta in Naumburg erhielt einen Sonderpreis der AG für die beste Arbeit auf dem Gebiet der Astronomie im Bundeswettbewerb Jugend forscht. In ihrem Forschungsprojekt ging sie der Frage nach, ob Sternhaufen eine Umgebung für die Entstehung hochenergetischer Gammastrahlung schaffen können und fand Hinweise, dass dies der Fall ist. Damit errang sie den Bundessieg im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften. Neben dem Sonderpreis Astronomie bekam sie den DFG Europa-Preis und wird damit am Europawettbewerb European Union Contest for Young Scientists teilnehmen.
Bild: Die Abbildung der Supernovaexplosion oben rechts zeigt die stark deformierte Stoßfront und die turbulent verteilte Materie im Inneren eines Sterns mit 19 Sonnenmassen über 7 Sekunden nach Einsetzen seiner Explosion als Supernova. Der größte Durchmesser der Struktur beträgt mehr als 130.000 km und wächst mit rund 10.000 Kilometern pro Sekunde. Credit: Naveen Yadav und Robert Bollig (MPA).
Pressekontakt:
Dr. Janine Fohlmeister (Pressereferentin der Astronomischen Gesellschaft)
Telefon: +49 / (0) 331 / 7499-802