Nachruf auf Dr. Luboš Kohoutek (1935 - 2023)

Anfang Januar 2024 haben wir die traurige Nachricht vom Tod des berühmten Hamburger Astronomen Luboš Kohoutek erhalten, der am 30. Dezember 2023 im Alter von 88 Jahren verstorben ist.

verfasst von Matthias Hünsch

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Luboš Kohoutek wurde am 29. Januar 1935 in Zábřeh in der Tschechoslowakei geboren. Bereits in seiner Schulzeit interessierte er sich für Astronomie und studierte anschließend Physik und Astronomie an der Masaryk Universität in Brünn (1953 - 1956) und in Prag an der Karls-Universität (1956-1958). Dort fokussierte er sich in seinen Studien zunächst auf Meteore und Meteorschauer. Anschließend arbeitete er als Wissenschaftler am Astronomischen Institut der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften, wo er seine Dissertation unter der Leitung von Prof. Luboš Perek anfertigte. Darin untersuchte und
katalogisierte Luboš Kohoutek planetarische Nebel. Aus dieser Arbeit resultierte der vielbeachtete Catalogue of Galactic Planetary Nebulae, den Kohoutek zusammen mit Perek im Jahr 1967 veröffentlichte. Kohoutek publizierte im Jahr 1999 und 2001 aktualisierte Versionen des Katalogs im Journal Astronomie & Astrophysics und in den Abhandlungen der Hamburger Sternwarte, wobei die letzte Fassung 1510 Einträge beinhaltet. Dieser Katalog gilt noch heute als ein Standardwerk, und das Buchstabenkürzel „PK“ (Perek-Kohoutek) nebst Katalognummer ist eine weit verbreitete Bezeichnung planetarischer Nebel.

1964 besuchte Luboš Kohoutek anlässlich der IAU-Generalversammlung die Hamburger Sternwarte und konnte in den folgenden Monaten ausführlich mit dem Großen Schmidtspiegel beobachten, damals einem der größten Instrumente seiner Art. Unter Verwendung eines Objektivprismas fand er zahlreiche neue planetarische Nebel. Es folgten weitere Gastaufenthalte, bevor sich Kohoutek 1968 unter dem Eindruck des niedergeschlagenen Prager Frühlings entschied, dauerhaft in Hamburg zu bleiben. 1971 erhielt er eine feste Anstellung als Hauptobservator an der Hamburger Sternwarte. Auch nach seiner Pensionierung im Jahre 2000 arbeitete und forschte er regelmäßig weiter, bis ihn zunehmende gesundheitliche Beschwerden daran hinderten.

Kohoutek war ein äußerst akribischer und eifriger Astronom, was ihm dazu verhalf, eine Vielzahl von Entdeckungen bei der Auswertung von Archivdaten und Fotoplatten zu machen. Bekannt ist Luboš Kohoutek vor allem durch die Entdeckungen des langperodischen Kometen C/1973 E1 mit dem Hamburger Schmidtspiegel im März des Jahres 1973. Seine Entdeckung löste weltweit eine astronomische Euphorie aus, da er in außerordentlich großer Entfernung von der Sonne aufgefunden wurde und die Prognosen versprachen, dass der Komet Kohoutek der hellste des Jahrhunderts werden könnte. Zwar blieb er hinter den Erwartungen zurück, was nicht zuletzt den ungünstigen Bedingungen mit dem Periheldurchgang hinter der Sonne geschuldet war, doch war die mediale Aufmerksamkeit so groß wie zuvor nur beim Halleyschen Kometen. Der Name Kohoutek dürfte somit weltweit einer der bekanntesten Namen eines Hamburger Astronomen sein. Kohoutek entdeckte noch weitere vier Kometen und eine große Zahl (76) von Asteroiden. Zu seinen Ehren wurde der nicht von ihm entdeckte Asteroid 1942 EN nach ihm benannt: (1850) Kohoutek.

Für sein Hauptarbeitsgebiet, den Katalog planetarischer Nebel, verbrachte Kohoutek unzählige Stunden am Hamburger Schmidtspiegel, den er meisterhaft beherrschte. Zahlreiche planetarische Nebel, Emissionsliniensterne und veränderliche Sterne konnte er mit dem Instrument entdecken. Auch nach der Verlegung zum Calar Alto in Spanien blieb Kohoutek dem Instrument treu, vor allem zog es ihn aber nach La Silla in Chile, wo er fast 30 Jahre lang mit zahlreichen Beobachtungsanträgen bei ESO erfolgreich war. Für seine Lebensleistung wurde Kohoutek 2010 mit der höchsten Auszeichnung der Tschechischen Astronomischen Gesellschaft, dem Frantisek Nusl Preis geehrt. Kohouteks Publikationsliste umfasst mehr als 200 Einträge, die weitaus meisten davon als Erstautor.

Luboš Kohoutek lebte ganz in der Nähe der Sternwarte mit seiner Familie in Hamburg-Bergedorf. Neben der astronomischen Wissenschaft war ihm vor allem seine Familie wichtig. Daneben pflegte er ein großes Interesse an klassischer Musik, und er wandte sich in seinen späteren Jahren der zunehmenden Bedrohung der Menschheit durch die Umweltverschmutzung zu. Nicht zuletzt aus dieser Besorgnis heraus schrieb er zwei Bücher: „Die Erde aus Sicht eines Astronomen“ und „Unser Lebensraum in Gefahr. Die Atmosphäre der Erde“.

Wer Luboš Kohoutek kannte, dem wird immer sein liebenswürdiges, zurückhaltendes und bescheidenes Wesen in Erinnerung bleiben. Wir können nur vermuten, wie unangenehm es ihm war, nach der Entdeckung „seines“ Kometen plötzlich im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit zu stehen. Aber Kohoutek hatte auch einen sehr feinsinnigen Humor. In seinem Büro hing ein BILD-Zeitungsausschnitt von 1973 an der Wand mit der riesigen Schlagzeile: „Keine Angst vor Kohoutek!“

Die Hamburger Sternwarte trauert um den geschätzten und verehrten Kollegen Luboš Kohoutek. Sie wird ihm immer ein ehrendes Andenken bewahren. Nun ruht er gleich neben seiner langjährigen Wirkungsstätte, der Hamburger Sternwarte auf dem Bergedorfer Friedhof und bleibt dort seinem geliebten Observatorium immer verbunden.

Foto: Hamburger Sternwarte