Astronomische Gesellschaft gibt Preisträgerinnen und Preisträger 2019 bekannt
Ewine van Dishoeck, Professorin für Molekulare Astrophysik an der Universität Leiden, erhält die Karl-Schwarzschild-Medaille 2019 für ihre Forschungen zur Entstehung von Sternen und Planeten. Mit der höchsten in Deutschland vergebenen Auszeichnung für astronomische Forschung zeichnet die Astronomische Gesellschaft eine angesehene internationale Astrophysikerin für ihre herausragenden wissenschaftlichen Beiträge in der Submillimeter- und Infrarotastronomie an der Grenze zwischen Astronomie, Molekularphysik und Chemie aus. Der Fokus ihrer Forschung lag auf dem Verständnis der Materie zwischen den Sternen: große Gas- und Staubwolken, die die Geburtsstätten für Sonnensysteme wie unseres sind. Mithilfe von Beobachtungen hat sie in Theorie und Experiment gezeigt, wie sich Moleküle in diesen interstellaren Wolken bilden und entwickeln.
Ewine van Dishoeck ist Präsidentin der International Astronomical Union (IAU), hat viele nationale und internationale wissenschaftspolitische Funktionen inne und wurde bereits mehrfach für ihre Leistungen ausgezeichnet.
Die Astronomische Gesellschaft verleiht den Preis für Instrumenten-Entwicklung für Design, Entwicklung, Konstruktion und signifikante Erweiterung eines astronomischen Instrumentes, das zu erheblichen Fortschritten in der astrophysikalischen Forschung geführt hat. Für die Instrumentierung der Gaia-Mission verleiht die Astronomische Gesellschaft den Preis zu gleichen Teilen an Erik Høg (Kopenhagen, Dänemark), Michael Perryman (Bath, England) und Lennart Lindegren (Lund, Schweden). Gaia ist eine der erfolgreichsten Weltraummissionen. Die zweite Datenveröffentlichung im April 2018 führte bereits zu mehr als eintausend wissenschaftlichen Veröffentlichungen - ein enormer Erfolg, der einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden wissenschaftlichen Leistungen darstellt. Von einer großen und komplexen Gruppe von Astronominnen und Astronomen, Ingenieurinnen und Ingenieuren entwickelt, sind die drei Preisträger besonders hervorzuheben: während Lennart Lindegren grundlegende Beiträge zur Datenanalyse und Kalibrierung leistete, waren die beiden anderen Preisträger für die instrumentelle und operative Entwicklung von Gaia von größter Bedeutung. Erik Høg gilt als führender Innovator der modernen Astrometrie im optischen Spektralbereich. Michael Perryman spielte eine entscheidende Rolle in der organisatorischen Entwicklung des Projekts und dessen Umsetzung bei der ESA.
Für seine Arbeit auf dem schnell wachsenden Gebiet der Suche nach den frühesten und entferntesten Quasaren im Universum zeichnet die Astronomische Gesellschaft Eduardo Bañados (MPIA Heidelberg) mit dem Ludwig-Biermann-Preis aus. Bereits in seiner Doktorarbeit entwickelte er eine Methode zur Entdeckung von Quasaren mit hoher Rotverschiebung, mit der sich die Anzahl der bisher bekannten Quasare mit hoher Rotverschiebung nahezu verdoppelte. Eine seiner größten Errungenschaften ist die Entdeckung des entferntesten Quasars mit einer Rotverschiebung, die einem Alter des Universums von nur 700 Millionen Jahren entspricht. Die Untersuchung von Quasaren mit hoher Rotverschiebung ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Galaxien- und Strukturbildung im Universum. Aufgrund ihrer enormen Helligkeit lassen Quasare Rückschlüsse auf das frühe Universum und auf die Masse ihrer zentralen Schwarzen Löcher zu. Nach seiner Promotion erhielt Eduardo Bañados ein angesehenes Stipendium der Carnegie Observatories in Pasadena, Kalifornien, und der Princeton University in New Jersey, bevor er 2019 an das Max-Planck-Institut für Astronomie Heidelberg zurückkehrte.
Mit dem Ludwig-Biermann-Preis der Deutschen Astronomischen Gesellschaft werden herausragende junge Astronominnen und Astronomen ausgezeichnet. Der Preis besteht aus der Finanzierung eines wissenschaftlichen Aufenthalts an einer Institution nach Wahl des Empfängers.
Die Astronomische Gesellschaft verleiht den Bruno-H.-Bürgel-Preis 2019 zu gleichen Teilen an Johannes V. Feitzinger und Dieter B. Herrmann. Das Leben der Preisträger weist mehrere Parallelen auf: beide haben auf ähnliche Art über Jahrzehnte als Sternwarten-Direktoren und Professoren neben ihrer wissenschaftlichen Forschungstätigkeit in hervorragender Weise neue astronomische Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert. Ihr Lebenswerk reflektiert auch Ost-West-Aspekte der Astronomie in Deutschland im Allgemeinen und in der astronomischen Gesellschaft im Besonderen: Dieter B. Herrmann prägte die Astronomie als langjähriger Direktor der Archenhold-Sternwarte und Gründungsdirektor des Zeiss-Großplanetariums Berlin, als bekannter Moderator einer populärwissenschaftlichen Fernsehsendung, mit regelmäßigen wissenschaftlichen Beiträgen im Radio sowie durch zahlreiche populärwissenschaftliche Bücher und Vorträge. Johannes V. Feitzinger legte als Professor für Astronomie an der Ruhr-Universität Bochum und langjähriger Direktor der Sternwarte und des Zeiss Planetariums Bochum den Grundstein für eine sehr publikumsstarke Öffentlichkeitsarbeit. Er veröffentlichte mehrere Bücher und Artikel über Astronomie und engagierte sich stets aktiv in der astronomischen Bildung. Durch sein Engagement prägte er viele nachfolgende Generationen von Studierenden.
Mit dem Promotionspreis 2019 zeichnet die Astronomischen Gesellschaft gleich zwei herausragende Nachwuchswissenschaftler zu gleichen Teilen aus: Tim Lichtenberg (ETH Zürich, heute Oxford) und Oliver Friedrich (LMU München, heute Cambridge). In seiner fächerübergreifenden Doktorarbeit an der Schnittstelle zwischen Geophysik und Astronomie beschäftigte sich Tim Lichtenberg mit mehreren grundlegenden, seit langem ungelösten Problemen der Planetenbildung. Er stellte eine direkte Verbindung zwischen der sternbildenden Geburtsumgebung der Planetensysteme und der Zusammensetzung und langfristigen Entwicklung der sich in ihnen bildenden felsigen Planeten her. Die Dissertation von Oliver Friedrich dagegen untersuchte Methoden zur Messung des Strukturwachstums im Universum mit dem Gravitationslinseneffekt. Er verbesserte Techniken zur Schätzung der statistischen Unsicherheiten bei Messungen des kosmischen Dichtefeldes und entwickelte ein theoretisches Modell zur Untersuchung von Dichteschwankungen im Universum. Dies eröffnete einen neuen Zugang zu den großräumigen Strukturen des Universums.
Die AG fördert Schülerinnen und Schüler durch einen Sonderpreis Jugend forscht für die Bundessieger in der Kategorie im Bereich Geo-/Raumwissenschaften. Beim diesjährigen Wettbewerb gewannen Till Felix Weismann und Mohamad al Farhan vom Bischöflichen Gymnasium Josephinum in Hildesheim mit einer Untersuchung der Scutum-Wolke, der hellsten Region in der Milchstraße. Auf der Grundlage von Sternendaten konnten sie zeigen, dass es dabei um einen Spiralarm der Milchstraße handelt und dass die Region nicht durch Dunkelwolken verdeckt wird.