Prof. Dr. Theodor Schmidt-Kaler (1930–2017)

Schmidt-Kaler4.jpgNachruf von Ralf-Jürgen Dettmar (mit freundlicher Unterstützung zu den biographischen Daten durch Prof. Ferdinand Schmidt-Kaler)

Theodor Schmidt-Kaler wurde am 8. Juni 1930 in Seibelsdorf, Franken, geboren. Er war das sechste von sieben Kindern des evangelischen Pfarrers Ferdinand Schmidt und seiner Frau Emilie, geb. von Kaler zu Lanzenheim. Nach dem Umzug der Familie nach Sennfeld besuchte er dort die Schule und legte 1948 in Erlangen sein Abitur ab.

Von 1949 bis 1954 studierte er Mathematik, Physik und Astronomie, zunächst in Erlangen, dann ab 1950 als Stipendiat des Maximilianeums an der LMU München. Ein Auslandssemester verbrachte er 1952/53 an der Sorbonne in Paris. 1955 promovierte er an der LMU zum Dr. rer. nat. mit einer Arbeit über die Entwicklung der Spiralstruktur extragalaktischer Nebel unter der Betreuung von Hans Bucerius.

1956 begann Schmidt-Kaler als wissenschaftlicher Assistent an der Sternwarte der Universität Göttingen bei Paul ten Bruggencate. In dieser Zeit heiratete er seine Frau Johanna, geb. von Pfeil. 1958 wurde er Observator an der Außenstelle Hoher List (Eifel) der Universitäts-Sternwarte Bonn bei Friedrich Becker. 1961 habilitierte er sich an der Universität Bonn mit einer Arbeit zur Photometrie, Leuchtkraft, Alter und Eigenfarben galaktischer Überriesen. Sein Sohn Ferdinand wurde 1962 in Bonn geboren.

In den Jahren 1964 und 1965 war Schmidt-Kaler Associate Professor an der University of Toronto. Angebote der Ohio State University und der University of Texas at Austin lehnte er ab. 1965 wurde er zum außerplanmäßigen Professor an der Universität Bonn ernannt.

1966 nahm er den Ruf an die neu gegründete Ruhr-Universität Bochum an, wo er den Aufbau der Astronomie und Astrophysik in der Fakultät für Physik und Astronomie leitete. Er prägte dort das Curriculum für die Astronomie als Schwerpunkt im Rahmen des Physikstudiums und warb mit zahlreichen Beiträgen der Öffentlichkeitsarbeit für das Fach und den neuen Standort. Mit großer Weitsicht plante er bereits in der Gründungsphase die Einrichtung einer Außenstelle an einem der besten Standorte der Welt, dem Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) auf La Silla in Chile. Das 61cm Boller & Chivens Teleskop der Ruhr-Universität war das erste nationale Teleskop bei der ESO und wurde für mehr als zwanzig Jahre gemeinsam betrieben. Es war auch das erste Computer-gesteuerte Teleskop auf La Silla, allgemein als „Bochum“-Teleskop bekannt. Das eigene Teleskop bot eine der Grundlagen für die sehr erfolgreiche Arbeit des neu gegründeten Instituts zu Grundproblemen der Photometrie. So wurde einer der wenigen photometrischen Grundanschlüsse durchgeführt und auch die Standard-Extinktionskurve des La Silla Observatoriums basierte für viele Jahre auf Messungen des Bochumer Teleskops. Aber auch die anderen, breit gestreuten wissenschaftlichen Forschungsinteressen Schmidt-Kalers, wie die Verfärbung durch interstellaren Staub, Leuchtkräfte und Entfernungsmessungen von Novae und Supernovae sowie Eigenschaften von Überriesen oder das supermassive Objekt R136a, wurden durch die neuen Beobachtungsmöglichkeiten unterstützt. Dadurch gewann das neue Institut schnell national wie international an Sichtbarkeit. Systematisch wurden von Schmidt-Kaler auch Untersuchungen zu Kometen oder zur Struktur der Milchstraße und den Magellanschen Wolken vorangetrieben. Am Bochumer Institut wurde z.B. eine Mehrfarben-Flächenphotometrie der Milchstraße durchgeführt, die durch Aufnahmen im UV auf der D2 Space Shuttle Mission abgeschlossen wurde. Schmidt-Kalers breites wissenschaftliche Interesse war so immer gepaart mit seinem Interesse an neuen instrumentellen Entwicklungen. Bis zu seiner Emeritierung verfolgte er in Bochum ein eigenes Instrumentierungsprogramm, engagierte sich für eine mögliche deutsche Beteiligung an Observatorien in der Antarktis und leitete eine Studie zum Bau eines deutschen 12m-Klasse Teleskops. Aus dieser Studie wurde ein 1,5m Prototyp als Hexapod-Teleskop bekannt. Diese Interessen an Instrumentierung führten zur Gründung des Optikzentrum NRW, das für einige Jahre vom Land gefördert wurde. Diese vielfältigen, kreativen Ansätze beeinflussten die zahlreichen wissenschaftlichen MitarbeiterInnen und DoktorandenInnen, die ihren Weg auch in die astronomische Lehre und Forschung oder Forschungsförderung fanden.

Bis zu seiner Emeritierung 1995 war er ordentlicher Professor und Direktor des Astronomischen Instituts der Ruhr-Universität Bochum. Ein Ruf an die Universität Wien wurde von ihm abgelehnt, und 1989 war er Gastprofessor in Straßburg. Von 1978 bis 1980 war er Vorsitzender der Astronomischen Gesellschaft. Ab 1991 war er ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste sowie der Europäischen Akademie der Wissenschaften.

Seine breit gefächerten Interessen und seine große Schaffenskraft zeigten sich auch in seinem politischen Engagement. So war er für die CDU von 1973-1976 im Kreistag des Ennepe-Ruhr-Kreises und im Kommunalverband Ruhrgebiet tätig. Als Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungswissenschaft veröffentlichte er Schriften zu demographischen und rentenpolitischen Fragen. Diese Aktivitäten führten zu offenem Widerspruch auch aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen.

Nach seiner Emeritierung verzog Theodor Schmidt-Kaler nach Margetshöchheim bei Würzburg. Er widmete sich der historischen und prähistorischen Astronomie und wurde Gründungsmitglied der Gesellschaft für Archäoastronomie.

Theodor Schmidt-Kaler verstarb am 1. Juni 2017 in Margetshöchheim.